Michelle Sachs hat einen seltenen Handwerksberuf. Sie ist Vergolderin aus Leidenschaft mit Sitz in Berlin. Bereits in unserem Podcast durften wir Frau Sachs zu ihrer persönlichen Erfolgsgeschichte interviewen. Dort erzählte sie uns, dass Empathie und kommunikative Kompetenzen im Unternehmertum eine große Rolle spielen. Wir wollten mehr darüber erfahren und haben Frau Sachs in unserem Blog nochmals zu Wort gebeten:
F: Frau Sachs, Sie sind als Vergolderin im Handwerk mit eigenem Betrieb tätig. Sie haben uns im Interview erzählt, dass Sie in einem Großprojekt tätig waren. Gab es diesbezüglich Momente, an denen Sie gemerkt haben, wie wichtig eine gute Organisation und Kommunikation für die Führung eines Betriebes ist?
A: Mein Großprojekt waren die Restaurierungsmaßnahmen in der Staatsoper in Berlin. Der Auftrag ist so gewachsen, dass ich zum ersten Mal auf Mitarbeiter*innen angewiesen war. Bis dahin habe ich immer alles selbst gemacht. Ab dem Punkt habe ich gemerkt, wie wichtig eine gute Organisation und Kommunikation für die Führung des Betriebes ist. Im Laufe von einem halben Jahr hatte ich acht freie Mitarbeiter*innen, die für mich arbeiteten. Das bedeutete, dass ich selbst immer weniger vergoldet habe, sondern mehr und mehr die Koordinatorin „meiner“ Baustelle wurde: Mitarbeiter*innen akquirieren, einweisen, bestimmte Aufgaben zuweisen, zeitlich eintakten und für ein angenehmes Arbeitsklima sorgen. Benötigte Materialien und Werkzeuge besorgen, Absprachen mit Kolleginnen und Kollegen vor Ort und der Bauleitung halten, Termine abstimmen, das gehörte genauso dazu wie die Organisation des größer werdenden „Papierkrams“. Dabei geht eine gute Organisation oft Hand in Hand mit der Kommunikation. In dem Umfang war vieles neu für mich und hat mich herausgefordert. Daran bin ich menschlich und als Unternehmerin gewachsen.
F: Würden Sie sagen, dass Kommunikation und ein gutes Gespür für das Verhalten eines Kunden wichtig in diesem Beruf sind?
A: Auf jeden Fall. Ich glaube, dass gelungene Kommunikation und ein gutes Gespür für den Kunden wichtig sind für jede*n Unternehmer*in.Der Kontakt mit dem Kunden ist eine Begegnung zwischen zwei Menschen, von daher spielt die zwischenmenschliche Beziehung zueinander eine große Rolle. Sie hat neben anderen Faktoren einen wesentlichen Einfluss darauf, ob ein Auftrag vergeben wird und ob der Kunde wiederkommt. Weiterhin bestimmt der Umgang miteinander, wie die Auftragsabwicklung verläuft. Wenn die Kommunikation auf Augenhöhe erfolgt, lässt sich im Vorfeld leichter herausfinden, was der Kunde möchte und was möglich ist. Durch gezieltes Fragenstellen kann im Dialog ein gemeinsamer Nenner gefunden werden, der die Richtung vorgibt. Wenn der Kunde sich verstanden fühlt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er wiederkommt. Ist die Kommunikation unzureichend oder unfruchtbar, kann es sein, dass der Auftrag nicht zustande kommt. Das kann auch erleichternd sein, wenn man gleich am Anfang merkt, dass es nicht passt. Mein Ziel ist es, dass beide Parteien, der Kunde und ich als Unternehmerin, zufrieden sind mit dem Arbeitsergebnis.
F: Welche Eigenschaften des Unternehmertums grenzen sich zu denen des handwerklichen Parts ab?
A: Dazu zähle ich die besprochenen Eigenschaften, wie kommunikativ sein und Einfühlungsvermögen zeigen für Mitarbeiter*innen, Kolleg*innen, Geschäftspartner*innen und Kunde*innen. Dies wird nicht in der Ausbildung gelehrt. Je nachdem, wieviel die Person selbst mitbringt und wie stark der Wille dazu ist, können die kommunikativen Fähigkeiten ausgebaut werden. Wichtig ist auch ein Talent zum Verkaufen. Damit meine ich, den Wert seiner Arbeit zu kennen und entsprechend anzubieten. Als Unternehmer*in ist unternehmerisches Denken gefragt, sprich, die Kosten im Blick zu haben sowie das betriebsbezogene Vorausschauen, das Planen und Organisieren. Nach links und rechts schauen und eine gewisse Flexibilität und Offenheit für Veränderungen können das Unternehmen, und damit das Handwerk, weiterbringen.
F: Was ist Ihr Geheimnis für ein harmonisches Miteinander zu den Kunden und zu den eigenen Mitarbeitern?
A: Mein Geheimnis für eine harmonische Zusammenarbeit zwischen Mitarbeiter*innen ist ein freundschaftlicher, offener Umgangston. Ich schaue, dass das Zusammenarbeiten für uns eine angenehme Zeit wird und wir voneinander lernen können. Meine Mitarbeiter*innen können sich einbringen mit Ihrem Wissen und Ihren Erfahrungen.
Mit meinen Kundinnen und Kunden kommuniziere ich freundlich und zugewandt. Ich möchte Ihnen, dass Gefühl geben, dass Sie gut mit Ihrer Anfrage bei mir aufgehoben sind. Das bedeutet, sich für die Kundinnen und Kunden zu interessieren und bei manchen den Kontakt zu pflegen.
F: Würden Sie sagen, dass der Zusammenhalt der verschiedenen Handwerksberufe wichtig in der heutigen Zeit ist?
Der Zusammenhalt zwischen den verschiedenen Handwerksberufen ist wichtiger denn je. Wir sind nicht mehr so viele Handwerker*innen wie vor 50 oder 100 Jahren. Um uns gegenseitig zu unterstützen, hilft es, sich auszutauschen oder auch zu empfehlen. Wer mehr Gleichgesinnte aus dem Handwerk kennenlernen möchte, dem empfehle ich, sein Netzwerk auszubauen. Ich bin z.B. im Netzwerk der Berliner Handwerkerinnen, hier fühle ich mich aufgehoben. Aus dem Kreis haben sich drei Handwerksbetriebe – eine Tischlerei, eine Schmiede, und ich als Vergolderin – gefunden und gemeinsam einen Stand auf der Internationalen Handwerksmesse in München geplant. Die Messe fand im Jahr 2020 nicht stand, doch wir haben uns und unsere Betriebe besser kennengelernt.
Vielen Dank, Frau Sachs, für Ihre Zeit. Sie haben uns einen Einblick in Ihre Arbeit gewährt und nochmals gezeigt, wie wichtig die Kommunikation in der heutigen Zeit ist.
Michelle Sachs war bereits vergangene Woche in unserem Podcast zu Gast. Dort kannst du Dir die ganze Erfolgsgeschichte in voller Länge anhören.
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