Trägst Du Personalverantwortung in einem kleinen oder mittleren Unternehmen? Ist auch für Dein Unternehmen der Fachkräftemangel eine der größten Herausforderungen? Und bist auch Du Dir nicht sicher, wie Du das Thema Personal im betrieblichen Alltag so richtig angehen solltest?
Erkenntnisse aus meiner täglichen Arbeit mit über 600 Handwerksbetrieben zeigen, dass gerade kleine und mittlere Betriebe (KMU) noch erhebliches Verbesserungspotenzial bei der Gewinnung, Bindung und Betreuung ihrer Mitarbeiter haben.
In diesem Gastbeitrag für den Blog von Handwerksmensch Maren Ulbrich, der auf einer Serie von Blog-Beitragen auf meiner Seite www.handwerksmacher.de beruht, gebe ich Dir vier Strategieempfehlungen, die auch in Deinem Unternehmen rasch zu Verbesserungen führen können.
Fachkräftemangel ist große Herausforderungen für KMU
Eine wesentliche Ursache für den zunehmenden Fachkräftemangel ist der demografische Wandel, der insgesamt zu einem kleiner werdenden Fachkräftepotential führt.
Hinzu kommt der Trend zu einer immer stärkeren Akademisierung der Bildung, so dass immer weniger junge Menschen ihren Weg in eine duale Ausbildung finden. Dieser Trend trifft dabei verstärkt kleine Unternehmen und Branchen, die ein schlechtes Image haben.
Auch die zunehmende Bürokratisierung und rechtliche Belastungen von Arbeitgebern ist ein Hemmnis für die Fachkräftesicherung. In unserer Beratungspraxis in der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg erleben wir immer wieder, dass engagierte Arbeitgeber irgendwann resignieren und sogar auf Wachstum verzichten, weil Sie z. B. ihre Belastungen aus dem Arbeits- und Sozialrecht als unangemessen wahrnehmen.
Dabei kommt sicherlich zum Tragen, dass viele KMU-Unternehmen keine Personalprofis sind und sich in dieser Rolle auch oftmals nicht wohl fühlen. Deshalb ist die am meisten unterschätzte Herausforderung bei der Sicherung des Fach- und Führungskräftenachwuchses auch eindeutig die (inner-)betriebliche Personalarbeit.
Vier Strategieempfehlungen zur Fach- und Führungskräftesicherung
Der Wettbewerb um die besten Köpfe hat begonnen und wird sich in den nächsten Jahren deutlich verschärfen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen können sich in diesem Wettbewerb behaupten, wenn sie rechtzeitig eine nachhaltige Strategie der Fach- und Führungskräftesicherung entwickeln und umsetzen. Dabei empfehle ich vor allem diese vier Handlungsstrategien
- Personalarbeit professionalisieren
- Attraktivität steigern, Abwanderung verhindern
- Ausbildung und Qualifizierung verstärken
- Neue Fachkräftepotentiale erschließen
Jede dieser Strategien kann und muss dabei auf die betriebsspezifischen Bedingungen angepasst werden. Die hierfür notwendigen Investitionen sollten den Unternehmen mindestens genauso wichtig sein, wie Investitionen in die sachliche Ausstattung oder das Marketing, denn wer soll im Zweifelsfall die neuen Maschinen bedienen oder die gewonnen Aufträge abarbeiten, wenn die erforderlichen Fachkräfte nicht eingestellt oder qualifiziert werden (können)?
Personalarbeit professionalisieren
Ausgangspunkt jeder betrieblichen Entscheidung sollte eine gründliche Analyse der Stärken und Schwächen des jeweiligen Unternehmens sein. Dies gilt selbstverständlich auch für die wichtigste Unternehmensressource Mitarbeiter.
Gut qualifiziertes und motiviertes Personal ist in den meisten Unternehmen heute bereits die entscheidende Ressource für den wirtschaftlichen Erfolg. Deshalb müssen die Inhaber oder Geschäftsführer der betriebliche Personalarbeit die angemessene Aufmerksamkeit schenken und sich bei Bedarf (externe) Unterstützung für diese Arbeit holen.
Daher empfehle ich Dir:
- nimm Dir als Verantwortlicher ausreichend Zeit für die betriebliche Personalarbeit
- analysiere Dein Unternehmen anhand eines Referenzmodells betrieblicher Personalarbeit und identifiziere die Stärken und Schwächen Deines Unternehmens
- lege eine Strategie zur Fachkräftesicherung für Dein Unternehmen fest, setze Dir entsprechende SMARTE Ziele
- suche Dir für die Auswahl geeigneter Instrumente und Methoden und die operative Umsetzung professionelle Unterstützung.
Attraktivität steigern, Abwanderung verhindern
Für neue Mitarbeiter sind vor allem Karriereperspektiven, Weiterbildungsmöglichkeiten, Führungsstil, Vergütung(ssysteme), Arbeitszeit(modelle), Unternehmensimage und Standortbedingungen von Bedeutung.
Aber kannst Du darüber hinaus die Frage präzise beantworten, wieso ein potenzieller Mitarbeiter gerade in deinem Betrieb anfangen sollte oder warum ein Mitarbeiter den Abwerbungsversuchen der Konkurrenz widerstehen sollte?
Es wird sicherlich gute Gründe geben, die Du dann auch entsprechend kommunizieren kannst
Daher empfehle ich Dir:
- analysiere Dein Unternehmen auch einmal bewusst aus Bewerber- bzw. Mitarbeitersicht. Liste auf, wo Du mehr bieten (kannst) als konkurrierende Arbeitgeber – nicht nur finanziell.
- mache zielgerichtete Werbung für Dich als Arbeitgeber, baue eine regionale Arbeitgebermarke auf.
- nutze den Kontakt zu örtlichen Vereinen, Schulen und anderen gesellschaftlichen Gruppen, um Werbung für dein Unternehmen als Arbeitgeber zu machen und Sonderleistungen für Deine Mitarbeiter anbieten zu können.
- entwickele im persönlichen Kontakt zu Deinen Mitarbeitern passgenaue Bindungsinstrumente, in dem Du diese auf die individuellen Problemlagen der Mitarbeiter und die spezifischen Möglichkeiten deines Betriebes zuschneidest.
Ausbildung und Qualifizierung verstärken
Bis vor einiger Zeit waren rund zehn Prozent der Mitarbeiter im Handwerk Auszubildende, eine Quote, die nur von wenigen anderen Wirtschaftsbereichen erreicht wurde. Auch die Zahl der Ausbildungsbetriebe war im Handwerk vergleichsweise hoch, so dass nicht ganz zu Unrecht das Wort vom „Ausbilder der Nation“ die Runde machte.
Allerdings beteiligen sich nach unseren Erfahrungen gerade Betriebe, die in den letzten Jahren neu gegründet wurden oder die sich immer weiter spezialisiert haben, zunehmend weniger an der Ausbildung. Auch die Zunahme von Kleinstbetrieben im Handwerk sorgt für größer werdendes Defizite in der handwerklichen Ausbildung.
Dennoch bieten die Ausbildung und Qualifizierung des eigenen Fachkräftenachwuchses mehr Vor- als Nachteile.
Daher empfehle ich Dir:
- bilde aus, denn Ausbildung rechnet sich langfristig.
- investiere in die Qualifizierung der Mitarbeiter, denn Sie sind Deine wichtigste Ressource.
- nutze die persönliche Nähe, um vorhandene Potentiale bei Deinen Mitarbeitern systematisch zu erkennen und gezielt zu fördern.
Neue Fachkräftepotentiale erschließen
Gerade kleine und mittlere Betriebe scheuen oftmals noch davor zurück, bei der Suche nach Fachkräften auf Frauen, Ältere, Geringqualifizierte, Personen mit Migrationshintergrund und/oder Personen mit einer (Schwer-)Behinderung zuzugehen.
Häufig stehen Befürchtungen hinsichtlich der körperlichen Leistungsfähigkeit, der Belastbarkeit, der familiären Einbindung sowie der fachlichen und sprachlichen Kapazität vorne an. Immer wieder wird auch die Frage gestellt, ob der genannte Personenkreis in das funktionierende Mitarbeiter-Team integriert werden kann oder ob die (vermeintlichen) bürokratischen und formellen Hürden nicht zu hoch sind.
Dabei kennen die allermeisten Betriebsinhaber gute Beispiele, wo alle diese Befürchtungen nicht eingetreten sind und die neuen Mitarbeiter rasch zu einem wertvollen Teammitglied wurden.
Daher empfehle ich Dir:
- gehe ungewöhnliche Wege und erschließe für Dich vorhandene Fachkräftepotentiale jenseits der eingetretenen Pfade.
- erkenne die Vorteile und weigere Dich, nur die Probleme zu betonen.
- nutze die Unterstützung der Beratungs- und Koordinierungsstellen, die sich auf die Fragen der neuen Potentialgruppe spezialisiert haben.
Links:
Führungsaufgabe: Fachkräftesicherung – Teil 1: https://handwerksmacher.de/2018/12/09/vier-strategieempfehlungen-zur-fachkraftesicherung/
Führungsaufgabe: Fachkräftesicherung – Teil 2: https://handwerksmacher.de/2018/12/16/vier-strategieempfehlungen-zur-fachkraftesicherung-teil-2/
Führungsaufgabe: Fachkräftesicherung – Teil 3: https://handwerksmacher.de/2018/12/23/vier-strategieempfehlungen-zur-fachkraftesicherung-teil-3/
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Über den Autor
Dr. Michael Hoffschroer zog nach Abitur und Ausbildung zum Sparkassenkaufmann in der emsländischen Heimat zum Studium nach Köln. Dort wurde er zum Diplom-Handelslehrer ausgebildet und forschte als Wirtschaftspädagoge beim Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk an der Universität zu Köln. Hier promovierte er auch zum Thema „Berufsbildungsberatung in handwerklichen Bildungszentren.“ (https://kups.ub.uni-koeln.de/2657/1/090209_Diss_MHoffschroer.pdf) Nach einer weiteren beruflichen Station beim Zentralverband des Deutschen Handwerks übernahm er 2010 die Geschäftsführung der Kreishandwerkerschaft Cloppenburg und des angeschlossenen Berufsbildungszentrums. Im Dezember 2018 ging sein Blog www.handwerksmacher.de online. Dr. Hoffschroer wohnt in Cloppenburg, ist 47 Jahr alt, verheiratet und zweifacher Vater.