An Sie als Betriebsinhaber richten Mitarbeiter viele persönliche Wünsche und Anliegen, die Sie doch bitte alle zu berücksichtigen und schließlich zu erfüllen haben. Eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon vollen Arbeitstag, der nicht immer mit der Energie nachgekommen werden kann, wie Sie es sich selbst wünschen. Manchmal ist es aber auch der Tropfen, der bei Ihnen den Kessel zum Überlaufen bringt, wenn ein Mitarbeiter gerade in einer arbeitsintensiven Phase mehr Zeit und Flexibilität für sein Ehrenamt einfordert. Es geht dabei häufig um ein Stück Selbstverwirklichung des einzelnen Mitarbeiters.
Selbstverwirklichung hat viele Facetten. Für Sie als Inhaber eines Betriebes gibt es zwei wesentliche Kategorisierungen von Selbstverwirklichung Ihrer Mitarbeiter. Einerseits kann sie im privaten, anderseits im beruflichen stattfinden. Berufliche Selbstverwirklichung zielt vor allem auf den Aufstieg im Beruf durch neue Funktionen und Fortbildungen und dem Übernehmen von Verantwortung. Es ist bzw. scheint schwierig, Mitarbeiter in neue Funktionen einzuarbeiten. Es ist mit Zeit und Kosten verbunden. Ein Mehrwert für Sie liegt dabei nicht immer sofort auf der Hand. Diesem speziellen Thema werden wir uns aber in einer weiteren Episode widmen. In diesem Blogbeitrag wird die private Selbstverwirklichung fokussiert. Die private Selbstverwirklichung umfasst Hobbys, die Familie und dem Nachgehen eines Ehrenamts. Weit gefasst können auch private Herausforderungen dazugezählt werden, wie etwa die Pflege eines Angehörigen, die weniger etwas bedürfen, sondern Dinge verlangt werden.
Sicher gibt es auch in Ihrem Betrieb Mitarbeiter, die Ihrem Hobby bzw. Ehrenamt bei der freiwilligen Feuerwehr oder als Bildungspate eines Kindes mit bildungsschwachen Hintergrund nachgehen (möchten). Oder den Mitarbeiter, der gerade etwas mehr Zeit für seine Familie benötigt. Vielleicht gibt es in Ihrem Betrieb auch gerade eine Mitarbeiterin, die für ihr Hobby etwas mehr Zeit benötigt, da sie sich privat mehr einem Kunstprojekt am Theater widmen möchte. Es gibt Interessen, denen Ihre Mitarbeiter nachgehen, wofür sie generell oder auch nur punktuell für wenige Wochen, mehr Zeit und/oder andere Arbeitszeiten benötigen. In wenigen Fällen gibt es sogar einen akuten und kurzfristigen Zeitbedarf, zum Beispiel beim Ehrenamt beim THW oder bei der freiwilligen Feuerwehr. Natürlich sind Ihre Mitarbeiter bei Ihnen vertraglich angestellt und haben den darin vereinbarten vertraglichen Fristen und Anforderungen nachzukommen. Sofern Sie aber dies strikt vermitteln, wird es auf Kosten der Betriebskultur und Ihrer Wahrnehmung als Betriebsinhaber gehen. Die Attraktivität Ihres Betriebes wird darunter leiden, da Sie sich sicher sein können, dass sich so etwas auf jeden Fall innerhalb des Betriebs, aber auch in der Gemeinde herumsprechen wird. Sie werden Vertrauen einbüßen. Im schlimmsten Fall werden Sie Ihren einen Mitarbeiter an Mitbewerber verlieren und andere Mitarbeiter könnten es ihm bzw. ihr aus ähnlichen Gründen nachtun. Da es sich rumsprechen wird, werden auch die Aussichten auf potentielle Bewerber düsterer.
Zurück zum Titel dieses Blogbeitrags: »Selbstverwirklichung der Mitarbeiter – Muss man das haben? «: Mit einem Mitarbeiter arbeitet man im Miteinander, auch wenn dieser für uns arbeitet. Unweigerlich wird dabei seine Person samt persönlicher Interessen, Teil dieses Miteinanders. Es ist also immer da, man hat es immer. Die Frage ist, wie viel Sie als Betriebsinhaber ermöglichen, wenn Anliegen an Sie herangetragen werden oder Sie diese zwischen den Zeilen auf dem Flurfunk mitbekommen. Natürlich gibt es Grenzen, die Sie als Betriebsinhaber bei solchen Anliegen ziehen können und sollten. In schwierigen Fällen am besten gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern. Aber ziehen Sie die Grenze zu früh, kann dies zum gerade aufgezeigten Unmut führen. So etwas wie einem Ehrenamt sollten Sie eher schützend gegenüberstehen. Besondere familiäre Lagen sollten Sie besonders berücksichtigen. Hobbys und Interessen können Sie punktuell fördern, wenn ein engagierter Mitarbeiter mit dem Anliegen auf Sie zukommt.
Natürlich werden diese Wünsche und Anliegen Ihnen Zeit kosten, anderseits werden Mitarbeiter motivierter für Sie arbeiten, wenn Sie interessante Arbeitszeitmodelle anbieten. Andererseits können flexiblere Arbeitszeitmodelle auch erst die Arbeit ermöglichen. Gerade in den Fällen von Familiengründung, können flexiblere Arbeitszeiten Grundvoraussetzung zur weiteren Tätigkeit oder deren Wiederaufnahme sein. Sowas könnte zum Beispiel gut im Friseurhandwerk funktionieren.
Betriebsausfälle können durch flexiblere Arbeitsmodelle kurzfristig aufgefangen werden. Dafür nehmen Sie aber zur Kenntnis, dass natürlich ein Ehrenamt bei der freiwilligen Feuerwehr auch mal den Auftrag oder den Kundenbesuch eines Mitarbeiters behindert. Da es dabei aber um eine wichtige Grundversorgung handelt, gibt es für Sie als Betriebsinhaber Regelungen zum Verdienstausfall.
Wenn Sie Ihren Mitarbeitern den Rücken stärken und die Selbstverwirklichung als wichtiges Thema begreifen, kann dies ganz positive Effekte haben. Wenn Sie ehrlich dahinterstehen und Ihre Mitarbeiter in ihrer Ausübung eines Ehrenamts oder eines Hobbys unterstützen, bauen Sie das Vertrauen der Mitarbeiter zu Ihnen auf. Positive Erlebnisse bzgl. der Arbeit werden, genau wie die negativen Erlebnisse, gerne erzählt – sie werden sich also rumsprechen. Innerhalb des Betriebes wird es sowieso die Runde machen. Aber auch in der Gemeinde oder im Nachbarort kann es dann heißen, dass Sie nicht nur an guter Arbeitskraft interessiert sind, sondern an Menschen und deren Interessen und Engagement.
Natürlich wird es für Sie nicht umsonst sein, sich mit diesem Thema zu befassen. Flexible Arbeitszeitmodelle für Ihre Mitarbeiter zu entwickeln und diese anzubieten, wird Zeit und Nerven kosten. Zuletzt müssen die Angebote dann die Härteprobe bestehen: Werden Sie angenommen oder eher unbeachtet gelassen? Es ist also wichtig, dass die entwickelten Modelle auch attraktiv und sinnvoll für Ihre Mitarbeiter sind. Die tollsten und flexibelsten Arbeitszeitmodelle sind nutzlos, wenn Sie keinen Mitarbeiter interessieren oder nicht helfen. Das Ganze muss dann zudem noch in den Betrieb(sablauf) passen. Gehen Sie dazu am besten in einen gemeinsamen Prozess mit den (einzelnen) Mitarbeitern. Wie im Blog und Podcast zur Betriebskultur bereits aufgegriffen: Haben Sie am besten offene Ohren für die Anliegen und Wünsche Ihrer Mitarbeiter.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Mitarbeitern, die sich in ihrer Freizeit engagieren? Und wie wurde das mit der Arbeit vereinbar? Wie meistern Sie mit Ihren Mitarbeitern den Spagat zwischen Familie und Beruf? Hinterlassen Sie uns doch gerne Kommentare im Kommentarbereich.
Im wöchentlich erscheinenden Podcast von Handwerksmensch können Sie noch mehr erfahren. In der aktuellen Episode 7, Starke Arbeitszeiten ade – Wir brauchen Flexibilität je nach Lebensphase, unseres Podcast, hören Sie u.a., weiterführend zu diesem Blogbeitrag, wie flexible Arbeitszeitmodelle im Handwerk konkreter aussehen können. Den Podcast finden Sie auf dieser Homepage, I-Tunes, Spotify, Podigee und YouTube.