Fehler in der Beurteilung bemerken wir oft nicht

330Einfach drauf los bewerten: Das kann sich keiner bei der Bewertung einer Mitarbeiterleistung zunächst vorstellen, jedoch ist es nicht so einfach. Schnell gelangen Sie an den Punkt, an dem Sie sich fragen, ob dieses und jenes Kriterium gerade richtig bewertet wird oder, ob Sie gerade noch fair sind. Sicher ist, viele Fehler bzw. Ungereimtheiten in der Beurteilung einer Mitarbeiterleistung bemerken Sie erst gar nicht. Nicht zuletzt, da Sie eine ganz eigene 30Auffassung über die Welt haben: Sie sehen die Welt in bestimmten Farben und Formen, dabei kann Einiges unberücksichtigt bleiben oder Manches wird eben in der Bewertung schwerer gewichtet als es vielleicht notwendig ist.

Es können verschiedene Fehler bei der Bewertung eines Mitarbeiters geschehen. Im Folgenden stelle ich Ihnen eine Liste mit Fehlern zusammen, die Sie zur Anregung Ihres Reflexionsverhaltens nutzen können. Von verschiedenen Arten von Bewertungsfehlern Kenntnis zu haben, kann Ihnen bei der Reflexion des eigenen Bewertungsverhaltens helfen.

 

Die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Mitarbeiter sowie Ihre eigene Persönlichkeit sind die größten Einflussfaktoren über die man sich schwer bewusst wird. Sie sind meist verdeckt und müssen zunächst reflektiert werden. Wichtig ist, dass Sie sich selbst und Ihre Entscheidungen ständig und immer wieder hinterfragen.

 

Sympathie und Antipathie

In die Bewertung eines Mitarbeiters fließt zunächst die generelle Sympathie und Antipathie gegenüber den jeweiligen Mitarbeiter ein. Unbewusst oder teilweise auch bewusst können Sie den einen Mitarbeiter mehr und den anderen weniger leiden. Versuchen Sie, Bewertungen mit einem nüchternen und sachlichen Blick durchzuführen und sich immer die Frage zu stellen, warum genau jetzt gerade der Mitarbeiter so bewertet wird. Wenn ein Mitarbeiter ansonsten gut im Team integriert ist, gute Arbeit verrichtet, aber zwischen ihm und Ihnen einfach die Chemie nicht stimmt, ist das keineswegs ein Grund zur schlechten Bewertung.

 

Das große Ganze nicht im Blick

Kürzliche Vorkommnisse sind in der Erinnerung präsenter vertreten und werden daher auch stärker bewertet. Das heißt, dass nur ein kurzer Ausschnitt der bisherigen Zusammenarbeit zur Bewertung herangezogen wird und dass das große Ganze unbeachtet bleibt. Dies wird der Recency-Effekt genannt. Ein Beispiel: Sie sitzen im Mitarbeitergespräch mit einem Mitarbeiter, der über das letzte Jahr hinweg sehr engagiert und zuverlässig gearbeitet hat, aber kürzlich durch einen größeren Fehler auf der Arbeit auffiel. Sie könnten natürlich vor allem den kürzlichen Fehler thematisieren, jedoch ist es viel sinnvoller den gesamten Zeitraum seit dem letzten Mitarbeitergespräch einzubeziehen. Ihr Mitarbeiter wird sich dann ernstgenommener fühlen, da seine Leistung nicht auf eine Situation allein beschränkt wird. Ebenso kann dieses Szenario umgekehrt auftreten. Hier ist es jedoch wichtig, aus dieser einen sehr positiven Situation heraus den Mitarbeiter zu motivieren und mobilisieren – Denken Sie hier bitte besonders daran, wie effektives Feedback gegeben wird!

 

Ihre eingeschränkte Wahrnehmung

Sie werden in Ihren Beurteilungen auch immer wieder mit den eigenen Barrieren in der Beurteilung Ihrer Mitarbeiter konfrontiert werden. Es beginnt dabei mit Ihrer selektiven Wahrnehmung. Sie haben quasi eine ganz eigene Brille auf, die von Anbeginn an Ihren Blick auf die Welt und Ihren Mitarbeiter beeinflusst und eingrenzt. Sie hören/sehen/fühlen und bewerten bereits einschränkend bestimmte Fähigkeiten mehr oder andere Eigenschaften weniger stark und positiv. Einige Eigenschaften springen Ihnen, egal wie klein sie sind, besonders ins Auge und andere bemerken Sie erst gar nicht. Gerade eigene Eigenschaften, Werte, Schwächen und Fähigkeiten werden häufig unreflektiert in die Bewertung als wichtige positive oder negative Eckpunkte herangezogen, egal wie groß oder wichtig der Einbezug ist. Bei diesem Similar-to-me-Effekt wird ein Mitarbeiter besser oder auch eben schlechter beurteilt als andere, die objektiv dieselben Leistungen erbracht haben.

 

Den eigenen Bewertungstyp erkennen und hinterfragen

Zuletzt müssen Sie sich darüber klar werden, welche Art von Bewertungstyp Sie sind. Sind Sie bei Fehlern eher nachsichtig oder lassen Sie bei den Bewertungen eher Strenge walten? Viele Menschen bewerten mit der Tendenz zur Mitte, oder zu einem der Extreme. Wichtig ist jedoch, dass Sie ausgewogen bewerten und Ihre Bewertung auch eine Aussagekraft besitzt.

Lassen Sie generell Strenge walten und vergeben Sie daher gerade schlechtere Noten? Dann wirkt das demotivierend, da Bestätigung ein wichtiges Antriebsmittel ist. Diese Form der Bewertung ist häufig bei Chefs vorzufinden, die sich selbst als Maßstab nehmen.

Beim anderen Extremen, der Milde und Nachsicht, fragen sich Mitarbeiter schnell, was sie auszeichnet, was sie wirklich gut können und an welchen Stellen sie sich verbessern können. Der Sinn der Beurteilung geht verloren, da ja alles funktioniert und gut ist.

Die Tendenz zur Mitte ist schließlich auch nicht aussagekräftig, da hier ein ähnlicher „Klumpen“ an Bewertungen vorliegt, der den Mitarbeitern wenig Raum zur Verbesserung aufzeigt.

Was können Sie tun? Wenn Ihnen eine der drei Vorgehensweisen bei Ihren Bewertungen auffällt, dann prüfen Sie sich und Ihr Beurteilungsverhalten noch einmal. Wichtig ist, dass hiermit nicht die Bewertung eines einzelnen Mitarbeiters gemeint ist, sondern dass Ihnen nach einigen Mitarbeiterbewertungen auffällt, dass es ein ähnliches Bewertungsschema gibt, obwohl Sie doch um Unterschiede bei den Mitarbeitern wissen. Finden Sie zunächst heraus, wo bzw. wie sich das Bewertungsmuster zusammensetzt. Denn dort setzten Sie erneut mit der Bewertung an und passen gegebenenfalls nochmal die Bewertungskriterien an. Wenn Sie merken, dass einzelne Bewertungskriterien letztlich nicht sinnvoll in die Bewertung einfließen können, dann seien Sie rigoros und löschen diese aus den Bewertungskatalog.

 

Bewertungsfehler vermeiden

Wie können Sie solche Bewertungsfehler vermeiden, um möglichst objektive Mitarbeitergespräche führen zu können? Nutzen Sie diese kleine Liste und hinterfragen Sie sich selbst. Totale Objektivität ist ein nicht zu erreichender Anspruch, aber wenn Sie beginnen Ihre Bewertungen geplant und durchdacht zu hinterfragen, dann kommen Sie fairen und brauchbaren Bewertungen zumindest sehr nah. Halten Sie zudem für die Bewertung jedes einzelnen Kriteriums Beobachtungen fest: Warum bewerten Sie so wie Sie gerade bewerten? Wenn Sie gleich die Begründung mit dazu liefern, dann können Sie im Gespräch mit Ihrem Mitarbeiter in einen sinnvollen Austausch kommen.

 

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